Analyse 7

Schutzfunktion für befreundeten Nachbehandler, zu Lasten der Patientin

Betreffend den Autor: Prof. Dr. Dr. Fischer-Brandies, München, Deutschland

Die Publikation der Analyse des Gutachtens von Prof. Fischer-Brandies erfolgt im Sinne einer Warnung an Patienten, die eventuell dazu verleitet werden könnten, in anderen Gutachten den Ausführungen des Professors zu folgen und sich alsdann unnötigerweise operieren zu lassen. Da der Redaktion dieser Website immer mehr solcher falschen Gutachten bekannt werden, besteht Anlass zu einer öffentlichen Warnung. Es steht zu vermuten, dass der Professor in erster Linie Drittinteressen vertritt (eventuell auch eigene Interessen) und nicht die Interessen der Begutachteten und zu falschen Behandlungen verleiteten Patienten.

Analysiertes und für überwiegend falsch befundenes Gutachten:
«Gutachten vom 28.01.2004, zu Lasten von Dr. P.M.* und zu Gunsten von den Dr. E.* (Schutzfunktion für befreundeten Nachbehandler, zu Lasten der Patientin)
* Name der Redaktion bekannt

Ergebnis der Analyse

Nr. Prüfkriterien Ja / Nein / nicht anwendbar (n. a.)
1 Gutachten im echten Kern-Fachgebiet des Gutachters? Nein
2 Streitige Sachverhalte (Patientenaussagen) neutral dargestellt? Nein
3 Reine Rechtsfragen unbeachtet gelassen? n. a.
4 Fremde Methoden aus Methodensicht gewürdigt? Nein
5 Tatsachen richtig dargestellt?
Nämlich: Sofortbelastung bei basalen Implantaten gehörte seit etwa dem Jahre 2000 zum Stand der Technik; der Vergleich mit (Jahre nach der Behandlung entwickelten) Oberflächentechnologien auf Schraubenimplantaten ist nicht sachgerecht, da diese Methoden zum Zeitpunkt der Behandlung nicht zur Verfügung standen.
S.12: Es wurde gemutmaßt, dass das Implantat nicht fest gewesen sei, obgleich es dafür keine Hinweise nach Aktenlage gab. Die Sinuslift-Technologie wurde nicht aus Sicht der Methodenentwicklung (1999) dargestellt.
Nein
6 Berücksichtigung der Originaldokumentation? Ja
7 Bewertung von einseitigen Behauptungen? Nein
8 Bezahlte Tätigkeit für/Abhängigkeit von einer der Prozessparteien? n.a.
9 Werden Angaben zur Rücksichtnahmen und Abhängigkeiten gemacht? Nein
10 Literaturangaben ausreichend angegeben? Nein (Keine)
11 Kriterien der rechtlichen Beurteilung korrekt (sofern diese zulässig ist;) ?
Betreffend:  Dimensionierung der Implantate, Dimensionierung der Durchtrittstellen, Röntgenbefunde, Entzündungszeichen
Nein
12 Bezahlung des Gutachtens aus unabhängiger Quelle? n.a.
13 Liegt Systemkenntnis vor? Nein
14 Selbst durchgeführte Operationen oder Behandlungen? Nein (keine)
15 Bereits qualifizierte Gutachten zur Methode ausgeführt? Nein
16 Gutachten stimmt mit der eigenen Lehraussage überein? n. a. - der Gutachter lehrt nicht
17 Gutachten stimmt mit anderen Lehraussagen  überein? Nein
18 Frei von Drittmittelbezügen aus dem Bereich der direkten Mitbewerber? Nein
19 Steht in Beziehung zum Nachbehandler oder war selber Nachbehandler? Nein

Skala der ethischen Vertretbarkeit*

                                     

* weisse Felder = nicht anwendbar / grüne Felder = unbedenklich / rote Felder = bedenklich

Detailanalyse

S. 11

Der Gutachter behauptet, dass der operative Aufwand für das Setzen eines basalen Implantats höher sei, als für das Setzen eines Schraubenförmigen Implantats. Dies trifft weder generell noch im hier vorliegenden Einzelfall zu:

  • bei der hier vorliegenden Restknochenhöhe von 3-4 mm wäre eine Operation zur Verkleinerung der Kieferhöhle nötig gewesen. Der Aufwand für diese Operation wäre weitaus größer gewesen, als der Aufwand für das Setzen eines basalen Implantats. Denn es wären zwei Eingriffe nötig gewesen: Sinuslift mit breitem lateralem Zugang, und nachfolgend die Implantation selber. Jeder Eingriff hat seine eigenen Operationsrisiken (z.B. jeweils das Infektionsrisiko), weswegen die Risiken kumuliert zu betrachten sind. Das Risiko ist für das Knochenlager nicht höher: ohnehin hätte (1999) Knochen transplantiert werden müssen (Hüftknochentransplantation) mit entsprechend vergrößerten Risiken und Kollateralschäden an der Spenderregion (monatelange Schmerzen, teilweise Gehunfähigkeit etc.) Wenn der Gutachter die Methoden vergleicht, so muss der Vergleich vollständig sein und es dürfen die Risiken der alternativen Maßnahmen gegenüber dem Gericht nicht unterschlagen werden.
  • Der Gutachter postuliert, dass ein Implantat ohne ausreichendes knöchernes Lager platziert wurde. Das schließt er aus der präoperativen Röntgenaufnahme: dies ist einerseits fachlich falsch (weil 3-4 mm vertikaler Knochen mehr als ausreichend sind für diese Implantatform), andererseits kann die richtige Platzierung des Implantats mit dieser Art von "Diagnostik" ohnehin nicht bestimmt werden; hierfür wären dreidimensionale Aufnahmen nötig gewesen.
  • -    Demzufolge ist auch die Schlussfolgerung, nämlich dass das Setzen des Implantats kontraindiziert war, unrichtig. Das Gegenteil ist richtig: bei fehlendem vertikalen Knochenangebot stellt die Verwendung von basalen Implantaten die Methode der ersten Wahl dar, weil sie Minimalinvasiv ist, Kollateralschäden vermeidet und zügig zum Behandlungsergebnis führt. Knochenaufbauten aller Art können im Versagensfall immer noch gemacht werden.

S. 12

Der Gutachter behauptet, dass 1999 noch keine gesicherten Erkenntnisse für die Belastung von Implantaten nach nur 6 Wochen vorlagen. Dies trifft ebenfalls nicht zu:

  • schon seit Mitte der 80er Jahre wurde durch die Arbeit von Tramonte, Bauer, Scortecci u.v.a.m. die Sofortbelastung von verblockten Implantaten propagiert und der Erfolg dieser Technologie gezeigt und bewiesen. Ähnlich zu den basalen Implantaten, weisen diese Implantate keine dubiosen Oberflächenwunder auf, sondern gut abschätzbare makromechanische Verankerungen. Deswegen können sie frühzeitig belastet werden.
  • Für basale Implantate lagen schon lange vor der Behandlung entsprechende Hinweise auf die erfolgreiche Sofortbelastung auch im Oberkiefer vor (Scortecci u.a.)
  • Der Gutachter versteht offenbar nicht, dass stabile makro-mechanische Verankerung als Alternative zu verschiedenen Oberflächentechnologien seit langem bekannt sind und angewendet werden. Er selber wendet entsprechende makro-mechanische, kortikale Verankerungen im Rahmen seiner orthognathen chirurgischen Eingriffe auch an und er belastet diese Konstruktionen auch sofort, denn ansonsten müsste er jeden seiner eigenen Patienten über Wochen bimaxillär verschnüren (was die Zahl der freiwilligen Patienten freilich gegen Null sinken ließe). Insofern kollidiert die gutachterliche Aussage zum Teil mit der Lehraussage des Gutachters und dem Stand der Technik, den bzw. die er selber anwendet.
  • Die Frage, warum die Stabilität im vorliegenden Fall nun tatsächlich verloren gegangen ist, bleibt durch den Gutachter unbeantwortet.

S. 13/14

Der Gutachter führt aus:  «Mit einer spontanen Verfestigung der Implantate war nicht zu rechnen». Diese Aussage ist sowohl generell als auch hier im Einzelfall falsch. Begründung:

  • sofern die Lockerung auf prothetische Überlastung zurückzuführen ist, kann durch entsprechende Maßnahmen (Einschleifen, Balancierung, Reduktion der Mastikationskraft) eine Verfestigung der Implantate erreicht werden, weil die Überlastungskräfte damit reduziert werden und eine normale Knochenregeneration möglich ist.
  • Ob diese Möglichkeit bestanden hat, konnte der Gutachter im Nachhinein nicht prüfen.
  • Die Patientin stellte sich gar nicht beim Erstbehandler mit gelockerten Implantaten vor, sondern bei Dr. W. und bei Dr. G. Dort wurden die Lockerungen bemerkt, aber eben nicht fachgerecht behandelt (S.7 des Gutachtens)
  • Besonders problematisch ist folgender Sachverhalt: Dr. G. führte am 30.5.00 eine streng kontraindizierte unsterile Sondierung durch (Betreffend der Kontraindikation: Konsensus zu Sondierungen an basalen Implantaten). Sofern nicht schon vor dieser Sondierung eine Entzündung vorlag, dürfte diese Maßnahme von Dr. G. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Entzündung hervorgerufen haben. Diesen Umstand lässt der Gutachter außer acht, - mutmaßlich, weil er das hohe schädigende Potential der Sondierung als Nicht-Fachmann betreffend das zur Diskussion stehende Verfahren nicht kannte.
  • Sicher ist jedoch, dass der Erstbehandler zu jeder Zeit der Nachbehandlung genau die richtige Behandlungsentscheidung getroffen hat: zunächst balancierte er die Okklusion und entlastete das distale Implantat. Nach einem Monat der Beobachtung entschloss er sich zur Implantatentfernung. Der gewählte Zeitraum der Beobachtung ist unter diesen Umständen völlig korrekt. Die gegen den Erstbehandler gerichteten gutachterlichen Vorwürfe, nämlich dass durch den Erstbehandler zu lange mit der Implantatentfernung zugebracht wurde, sind somit nicht grundsätzlich falsch, sie treffen jedoch hinsichtlich der Zielperson nicht zu: weil sich die Patientin über den langen Zeitraum 13.04.99 - 21.06.00 gar nicht in der Behandlung des Erstbehandlers befunden hat, sondern in der Behandlung der Dr. W. und G. Diese Nachbehandler trifft somit ein Übernahmeverschulden.

S. 13

Der Gutachter schreibt, dass auf gelockerten Implantaten keine prothetische Versorgung stattfinden darf. Dies ist aus crestal- implantologischer Sicht richtig, trifft aber hier und generell nicht unbedingt zu.

  • zunächst steht gar nicht fest, dass die Implantate überhaupt gelockert waren. Diesen Sachverhalt hat der Gutachter offenbar aus freien Stücken und ohne Begründung/Grundlage hinzu postuliert.
  • entsprechend den Richtlinien der orthopädischen Chirurgie (AO- Principles) erfolgt die Stabilisierung von Frakturen über mehrere, sich gegenseitig schienende und stützende Devices, die im Knochen verankert werden und dort integrieren. Dabei entsteht die Stabilität in der Summe der Teile und Maßnahmen. Der gleiche Weg wird gewählt, wenn festsitzende Zahnprothesen die Implantate gegenseitig stabilisieren. Für diese Stabilisierung können auch Zähne ohne Lockerungsgrad hinzu gezogen werden.

Zusammenfassung

Die große Zahl der Mängel dieses Gutachtens machen es unmöglich, sie überhaupt noch zu zählen.
Der schwerste Vorwurf, der dem Gutachter zu machen ist, ist die ständige unfachmännische Übertragung von Annahmen aus der crestalen Implantologie (die er selber ohnehin kaum selber betreibt oder aus eigener Praxis kannte) auf die basale Implantologe.
Ob die fehlenden Systemkenntnisse alleinige Ursache der Gutachten-Mängel darstellen, oder ob es auch darum ging, aktiv die Fehler des befreundeten Nachbehandlers zu verdecken, kann heute nicht mehr geklärt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Umstand bei den örtlichen Gerichten schnellstens herumspricht, und Gutachten dieser Art somit nicht mehr bei diesem Gutachter in Auftrag gegeben werden.