Analyse 18

Erstellung eines inhaltlich und v.a. in der Beurteilung überwiegend falschen Gutachtens zugunsten der auftraggebenden Versicherung

Gutachter: Dr. Oliver Ebenbeck, Dr. Daniel Ebenbeck, Regensburg/Deutschland

Ausgangssituation

Der Patient wurde von seiner Versicherung dazu gedrängt, ein Gutachten erstellen zu lassen, damit so die Erstattungspflicht der Versicherung überprüft werden kann. Die für solche Auftragsgutachten häufig herangezogenen Gutachter Dres. Ebenbeck, wurden von der Halleschen Krankenversicherung beauftragt und bezahlt.

Der Patient kommt mit dem angefertigten Zahnersatz gut zurecht. Er ist dazu in der Lage, seine Zähne ausreichend gut zu pflegen und hat subjektiv keine ungewöhnlichen Probleme. Da dem Patienten die möglichen Auswirkungen eines solchen Gutachtens nicht erläutert wurden, willigte er nichtsahnend in die Begutachtung ein. Er war sich nicht darüber im Klaren, dass er von Anfang an eine fachgerechte Begutachtung durch einen echten Fachexperten hätte verlangen können.

Die Gutachter sind im Hinblick auf die hier verwendete Technologie der corticobasalen Implantologie nicht fachlich ausgebildet, d.h. sie verwenden dieses moderne Implantationsverfahren nicht, welches sich von der traditionellen Implantologie stark unterscheidet. Sie verfügen über keine Anwenderautorisation oder eine weitergehende Ausbildung zu dem Verfahren. Sie kommen somit schon grundsätzlich als Gutachter nicht in Frage. Der BGH hat mit Urteil vom 06.06.2019 III-ZB 98/18 entschieden, dass Gutachter die in Frage stehende Methode selber ausführen müssen. Dies ist nicht der Fall.

Auf die hier verwendeten Implantate und dem Verfahren selber sind die von den Gutachtern erwähnten Konsensusdokumente (DGOI, DGZI, u.a.) nicht anwendbar, da diese Dokumente für herkömmliche (traditionelle) Dentalimplantate (sog. 2-Phasen-Implantate) erstellt wurden, und dort heute immer noch eine gewisse Gültigkeit haben könnten. Die 2-Phasen-Implantate werden häufig im Zusammenhang mit Knochenaufbauten verwendet, denn die meisten Patienten haben nicht genug eigenen, ortsständigen Knochen im Kieferbereich. Durch die Verwendung des modernen Verfahrens der corticobasalen Implantologie wurde der Knochenaufbau vollständig vermieden. Im vorliegenden Fall wurden also keine Implantate und kein Verfahren angewendet, auf die sich die Konsensusemfehlungen der DGOI/DGZI beziehen können. Die Gutachter tun so, als wenn alle dentalen Implantate gleich wären. Dies ist freilich nicht der Fall.

Behandlungszeitraum: 1 - 6 2018
Untersuchungsdatum: 19.7.2019

Anmerkungen: Im Gutachten sind weder die Seiten nummeriert, noch die Abbildungen. Soweit sich die Gutachter auf Abbildungen beziehen kann nicht festgestellt werden, auf welche. Das Gutachten kann daher nur als chaotisch und schlampig erstellt bezeichnet werden. Es erfüllt auch formal nicht einmal die minimalsten Anforderungen an ein Gutachten.

Ergebnis der Analyse

Nr. Prüfkriterien Ja / Nein / nicht anwendbar (n. a.)
1 Gutachten nicht im Fachgebiet des Gutachtens? Dem Gutachten fehlen Qualifikation und Erfahrung im Gebiet corticobasaler, strategischer Implantate. Laut BGH (2019) ist es Voraussetzung, dass der Gutachter Erfahrungen in der zu begutachteten Methode haben muss. Auf solche Erfahrungen können die Unterzeichner, Dres. Oliver und Daniel Ebenbeck nicht zurückgreifen. Es gelten die Regeln der corticobasalen Implantologie, die den “Gutachtern” augenscheinlich nicht bekannt sind. Alleine dieser Umstand für sich macht das Gutachten für alle Beteiligten bereits wertlos. Nein
2 Dem Gutachten war kein streitiger Sachverhalt zugrunde gelegen. Es ging um die Frage der Kostenerstattung. Vielmehr muss den Gutachtern unterstellt werden, dass sie mindestens billigend in Kauf genommen haben, dass ihre unsachgerechte Begutachtung Streit hervorrufen kann,- nämlich zwischen dem Krankenversicherer und dem Patienten u.a. Nein
3 Rechtsfragen wurden nicht erörtert n. a.
4 Fremde Methoden aus Methodensicht gewürdigt? Dem Gutachter fehlen Kenntnisse und Erfahrungen im Gebiet der corticobasalen Implantologie. Insbesondere fehlt ihm die notwendige Autorisation für diese Medizinprodukte und eine Gutachter-Autorisation, oder zumindest eine Ausbildung als Teacher für diese Methode.

Dem Gutachter fehlen zusätzlich auch profunde Kenntnisse im Bereich der Implantologie an sich. Auf der 11. Seite des Gutachtens wird der Begriff “Peri-Implantitis” verwendet. “Peri-Implantitis” kann jedoch beim vorliegenden Patientenfall nicht vorliegen, weil diese Erscheinung bei corticobasalen Implantaten nicht auftritt. Dennoch kann freilich Knochenabau im Implantatbereich vorliegen, ohne dass eine Entzündung (“-itis”) vorliegt.

Auch die auf der 11. Seite des “Gutachtens” festgestellte fehlende Passung der Prothetik kann nicht nachvollzogen werden. Hinsichtlich der Passung der Prothetik bei corticobasalen Impantaten (mit polierten Schäften und poliertem Abutmentkopf) gilt die folgende Regel (IF Teachers Manual):

„The question if the prosthetic construction is propperly fitted to the abutment of the Strategic Implant® depends on the spational relationship between the crown margin to the mucosa much more than on anything else."
Relevant for any judgement is the moment of the cementation.“

Ferner gilt:

„Only for selected bridge materials and bridge designs, subgingival connection between implant abutment and prosthetics is possible, and the final connection between the two components requires for these cases an open surgical cementation.“

Es versteht sich von selbst, dass ein Jahr nach Eingliederung der Prothetik (durch Zementierung) gar nicht mehr festgestellt werden kann, ob zum Eingliederungszeitpunkt eine korrekte Relation zwischen der Brücke (bzw. den Kronen) und der Mukoa vorlag.

Die Gebrauchsanleitung des Implantatherstellers belegt ebenfalls eindeutig, dass es keinen Grund gibt, dass die Grenze des Abutmentkopfes mit der Kronengrenze übereinstimmen muss, so wie wir es von den natürlichen Zähnen her kennen (bei denen diese Forderung ja auch sehr wohl begründet ist):

“The lower border of the abutment head of the Strategic Implant® is used as a margin to hold the transfer during impression-taking. Because the implant and the abutment-head are both polished, the lower margin of the implant`s abutment does not necessarily serve as a crown margin as we know it from teeth or conventional 2-stage implants. There are no medical or technical reasons why the crown margin (or the margin in the technical abutment) should reach the lower border of the abutment head. It is important that enough distance between the lower margin of the prosthetic workpiece and the gums (or the bone respectively) is given.

“Ebenbeck & Ebenbeck benutzen die Bezeichnung “Miniimplantate” im falschen Kontext. In der corticobasalen Implantologie reichen die Implantate von ca. dem Schleimhautniveau bis zur 2. Kortikalis, und es spielt keine Rolle, wie lang die Schäfte sind. Kurze corticobasale Implantate (z.B. mit Gewindedurchmesser von 3.5 mm) wie hier sind nicht deswegen ”Minimplantate”, weil der Schaft zwischen Kortikalisgewinde und Abutmentkopf kürzer ist. Die Regeln und die Anwendungsgebiete für corticobasale Implantate gelten für Implantate mit einer nominalen Länge zwischen 8mm und 70mm gleichermassen.
Nein
5 Wurden vom Gutachter Tatsachen richtig dargestellt?

Die Gutachter als Nicht-Fachleute verkennen, dass die Implantateinbringung nach den anerkannten 16 Methoden der corticobasalen Implantologie erfolgte https://implantfoundation.org/de/consensus-16-approved-methods-2018-menu-de
Nein
6 Berücksichtigung der Originaldokumentation? Dem Gutachter lagen Originaldokumente vor? Ja
7 Bewertung von einseitigen Behauptungen?
Es besteht keine Korrelation zwischen der hohen Patientenzufriedenheit (alles ist in Ordnung für den Patienten: Funktion ist nicht eingeschränkt; Ästhetik ist akzeptiert; keine Schmerzen) und den negativen und unfachmännischen Begutachtungsergebnissen.

Beispiele:
  • Wenn angeblich zu wenige funktionelle Okklusionskontakte vorliegen, warum kann der Patient dann gut essen? Das vom Gutachter gewählte Kriterium scheint irrelevant zu sein.
  • Wenn angeblich zu wenig Strukturierung in der Okklusion vorliegt (zu flach), warum kann dann der Patient normal essen? Das vom Gutachter gewählte Kriterium scheint irrelevant zu sein oder seine Bewertung ist falsch. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass seit mehr als 50 Jahren und bis heute in der Totalprothetik (und nichts anderes liegt hier vor) sog. Abrasionsformen bei künstlichen Zähnen eingesetzt werden. Diese Zähne beinhalten überhaupt keine Höcker und die Fissuren sind nur andeutungsweise in die Kauflächen eingeritzt. Mit diesen Zähnen können die damit therapierten Patienten sehr gut essen, zumal durch das Fehlen der Höcker statisch ungünstige Lateralverschiebungen der Brücken nicht auftreten. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das natürliche (zahnärztlich nicht restaurierte) Gebiss von Hominiden einer umfangreichen Abrasion über die Jahre unterliegt, was die Kaufähigkeit der Patienten nicht beeinträchtigt, sondern im Gegenteil die parodontale Gesundheit der Patienten begünstigt.
Die Gutachter treffen widersprüchliche Aussagen zum Thema Mundhygiene und behaupten gleichzeitig, dass sie das Vorliegen einer Periimplantitis nicht beurteilen können, als auch dass eine Periimplantitis vorhanden sei. Fakt ist, dass die Gutachter mangels profunder Kenntnisse und eigener Erfahrungen überhaupt nichts beurteilen können.
Nein
8 Bezahlte Tätigkeit für/Abhängigkeit von einer der Parteien? Ja; Gutachten ist von der Zweckbestimmung her ein Parteigutachten für die zahlungspflichtige Versicherung (die eine der Parteien darstellt) Ja; Gutachten ist von der Zweckbestimmung her ein Parteigutachten für die zahlungspflichtige Versicherung (die eine der Parteien darstellt)
9 Werden Angaben zu Rücksichtnahmen und Abhängigkeiten gemacht?
Angaben zu Abhängigkeiten fehlen.
Nein
10 Sind Literaturangaben ausreichend angegeben?
Literaturangaben und Begründungen zu den (weitestgehend unhaltbaren) Ansichten der Dres. Ebenbeck/Regensburg/DE fehlen völlig.
Nein
11 Kriterien der rechtlichen Beurteilung korrekt? n. A.
12 Bezahlung des Gutachtens aus unabhängiger Quelle? Ja
13 Liegt bei den Gutachtern Systemkenntnis vor?

Die Gutachter gehen ganz offenbar nach dem alten Grundsatz vor: “Wir wissen nichts - macht nichts”. Es wird behauptet ohne zu begründen, und ohne auch nur ansatzweise zu beweisen.

Diese Vorgehensweise der Gutachter ist in keinem Bereich des Lebens eine akzeptable Einstellung. Eine Vorgehensweise dieser Art stellt die Eignung der beiden Gutachter zur selbstständigen Berufsausübung als Mediziner in Frage. Unwissende und vom Wohlwollen und den Kenntnissen dieser beiden Mediziner abhängige Patienten kann eine Behandlung durch diese Mediziner nicht zugemutet werden. Beide müssen als nicht hinreichend zuverlässig beurteilt werden.
Nein
14 Selbst durchgeführte Operationen und Behandlungen?

Sind nicht bekannt und aufgrund der gemachten Aussagen auch nicht anzunehmen.

Das Gutachten belegt einmal mehr, dass die dentale Implantologie bis heute zum Rotlichtbezirk der Zahnmedizin gehört.
Nein
15 Haben die Gutachter bereits qualifizierte (korrekte) Gutachten zum Behandlungsverfahren erstattet? Nein
16 Gutachten stimmt mit den Lehraussagen der Gutachter überein?

Die Gutachter sind nicht lehrbeauftragt.
n. a.
17 Gutachten stimmt mit anderen wissenschaftlich fundierten Lehraussagen überein? Nein
18 Steht der Gutachter in direkter Konkurrenz zum Erstbehandler?

Soweit die Gutachter tatsächlich noch zahnärztlich tätig sein sollten, so stehen sie in Konkurrenz mit dem Erstbehandler (im Hinblick auf die Patienten).

Soweit die Gutachter tatsächlich noch zahnärztlich tätig sein sollten, so stehen sie mit dem Erstbehandler auch in Konkurrenz im Hinblick auf die Verteilung von Geldmitteln aus dem Bereich der PKVen und im Bereich des staatlichen Gesundheitswesen.
Ja
19 Stehen die Gutachter in enger Beziehung zum Nachbehandler oder waren sie selber Nachbehandler? n. a.

Nachfolgend werden noch die Antworten zu den konkreten Fragen der priv. Krankenversicherung analysiert:

Frage 1

Die Krankenversicherung fragt an, in welchem Zustand sich das Kauorgan des Versicherten befindet.
Die Gutachter versäumen es, diese Frage überhaupt sachdienlich zu beantworten. Sie erwähnen nicht, dass das Kauorgan einwandfrei funktioniert, dass keine Schmerzen vorliegen und dass die eingegliederte Implantatbrücke stabil ist.

Frage 2

Kann eine medizinische Notwendigkeit….. bestätigt werden.
Die Gutachter versäumen es darauf hinzuweisen, dass bei corticobasalen Implantaten (insbesondere im Hinblick auf den eindeutigen Inhalt der Gebrauchsanleitung und die Systemanwendungsbroschüre des Implantatherstellers) die Indikation für das Inserieren von 12 oder mehr Implantaten im Oberkiefer sehr wohl gegeben ist. Es trifft nicht zu, dass 8 Implantate ausreichend gewesen wären. Ebenso ist es falsch, dass bei der Wahl einer bedingt abnehmbaren Prothetik sogar nur 6 Implantate (bei der gegebenen Knochensituation und im Rahmen eines Sofortbelastungsprotokolls) ausreichend gewesen wären. Für eine solche reduzierte Anzahl an Implantaten gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Hinweise. Dennoch mag es im Einzelfall durchaus möglich sein, so wenige Implantate einzusetzen.

Frage 3

Auch diese Frage ist nicht korrekt beantwortet. Zunächst ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass aufgrund des Implantatdesigns nicht mit aszendierenden Infektionen zu rechnen ist, und dass allenfalls impaktierte Essensreste störend wirken können. Den hier untersuchten Patienten störte dies jedoch augenscheinlich nicht, nur die Gutachter störte etwas. Falsch ist ebenfalls, dass permanente “Food Impaction” bei corticobasalen Implantaten zur Periimplantitis führt. Lazarov stellte hierzu in einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie fest (mehr als 4000 Implantate), dass anscheinend nichts dazu führen kann, das bei diesen Implantaten eine Periimplantitis auftritt. Die Gutachter begründen ebenfalls nicht, was an der “zahntechnischen Ausführung” mangelhaft sein soll. Soweit die Gutachter diese Aussage auf die angeblich nicht passenden Kronenränder beziehen, sei auf die Systemanwendungsbroschüre des Implantatherstellers verwiesen, die betr. der Kronenlänge folgendes erwähnt:

„The question if the prosthetic construction is propperly fitted to the abutment of the Strategic Implant® depends on the spational relationship between the crown margin to the mucosa much more than on anything else. Relevant for any judgement is the moment of the cementation.“

Damit steht fest, dass angebliche „Passungenauigkeiten“ ein Jahr nach der Zementierung der Brücke aufgrund von der Änderungen der räumlichen Situation zwischen der intra-oralen Mukosa und Brücke sowieso nicht mehr beurteilt werden können. Es ist somit nicht nur einfach falsch was die Gutachter behaupten, es ist zugleich immer und qualifiziert falsch, wenn sich die Gutachter nach so langer Zeit zur der Länge der Kronenränder äussern.

Frage 4

Sind die inserierten Implantate regelrecht eingebracht worden .. .bzw. fachgerecht prothetisch versorgbar gewesen?
Auch diese Frage wird nicht korrekt beantwortet. Die Implantate erscheinen (soweit dies auf dem Röntgenbild welches dem Analyseteam vorliegt) nach den 16 IF-Methoden für die Einbringung von corticobasalen Implantaten korrekt eingebracht worden zu sein. Kurze Implantate wurden indikationsgerecht inseriert; durchmesserredizierte Implantate liegen nirgendwo vor.

Zusammenfassung

Das Gutachten ist in vielen und vor allem den wichtigen Punkten falsch und unschlüssig, und an vielen Stellen widersprüchlich. Die Beurteilungen und Feststellungen sind nirgendwo durch Literaturangaben belegt.

Begünstigte ist die auftraggebende Versicherung, die sich ihrer Zahlungsverpflichtung mutmasslich entziehen will. Da der Gutachter von dieser Versicherung bezahlt wird, besteht finanzielle Abhängigkeit und es ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf diese Abhängigkeit und dem Wunsch des Gutachters, auch zukünftig wieder lukrative Gutachtenaufträge von dieser Versicherung zu bekommen, “versicherungsgerecht” ein falsches Gutachten erstattet wurde.